So, da ist es also passiert: Ein halbes Jahrhundert gibt es dich schon! Happy Birthday Atari!
Am 27. Juni 1972 haben dich, Atari Inc., deine beiden Väter Nolan Bushnell und Ted Dabney in Sunnyvale Kalifornien gegründet, weil sie von der Idee besessen waren Videospiele zu entwickeln und diese als Arcade-Automaten zu vermarkten. Ich will euch jedoch nicht zum tausendsten Mal die Geschichte von Atari erzählen (dafür könnt ihr auch einfach bei Wikipedia nachschlagen). Vielmehr geht es mir hier um den Einfluss, den Atari auf mich und sicher auch vielen von euch und die vielleicht berufliche Laufbahn hatte – direkt oder indirekt. Schreibt mir gerne eure Kommentare mit euren persönlichen Erfahrungen zu Atari.
Verrückt nach PacMan & Co.
Atari gilt gemeinhin zurecht als Urvater der Videospielkonsole und dem dadurch ausgelösten Videospiele Boom in den 70er und 80er Jahren. Das war zufällig auch die Zeit in der ich als Junge auf dem Dorf aufgewachsen bin. Mein Zeitvertreib war damals Fußballspielen mit Freunden oder BMX Radfahren. Bis mich eines Tages ein Nachbarjunge zu sich nach Hause einlud, um mir seine Atari Spielkonsole zu zeigen. Was ich da zu sehen bekam hat mich umgehauen! Man steckte einfach eine Spielecartdridge in den Schlitz des Gerätes, schloss die Konsole am Fernseher an und schon konnte man mit zwei Controllern gegeneinander daddeln: Space Invaders, Pac Man, River Raid, Pitfall etc. Es tat sich eine gefühlt unendliche Spielewelt auf und es war eine völlig neue Art des Zeitvertreibs, völlig unabhängig vom Wetter, oder ob Freunde Zeit hatten.
Ab da verbrachten wir auch während der Freistunden am Gymnasium oft die Zeit im Kaufhaus bei uns in der Stadt. Denn dort stand in der Spielwarenabteilung ein Atari CX2600 Video Computer System (der sogenannte „Heavy Sixer„) zum Ausprobieren, um die sich immer eine Horde von Schülern zwängte um Space Invaders, Asteroids oder Pac Man zu spielen. Ich war mitten unter ihnen!
Damals begriff ich noch nicht, wie so ein Videospiel überhaupt auf dem Bildschirm entstehen konnte und was diese ersten Erlebnisse für Einfluss auf mein weiteres Leben haben sollten.
Apple inspiriert von Atari
Atari hatte jedoch nicht nur großen Einfluss auf mich: Hätte es Atari nicht gegeben, wer weiß ob Steve Jobs und Steve Wozniak jemals ein Unternehmen gegründet hätten? Steve Jobs war nämlich in der Anfangszeit bei Atari angestellt und erhielt dort den Auftrag die neueste Arcade Spielidee von Nolan Bushnell umzusetzen: Breakout. Im Grunde geht es bei diesem Spiel darum mit einem Balken am unteren Spielfeldrand, der von einem Joystick gesteuert wird, eine Wand von Steinen mit einem Ball abzuschießen. Eigentlich eine abgewandelte Spielidee von Pong, dem ersten Spielhallenerfolg von Atari. Damals, Mitte der 70er Jahre, waren Spiele noch nicht in Software programmiert, sondern wurden mithilfe einer Vielzahl von ICs auf einer Platine in Hardware implementiert. Da Jobs jedoch nicht so talentiert war wie sein Freund Woz, überredete er ihn nachts in den Räumen von Atari das Spiel zu entwickeln und versprach ihm eine Beteiligung am Bonus. Steve Wozniak, der eigentlich bei HP angestellt war und schon zu dieser Zeit ein genialer Entwickler war, half seinem Freund natürlich gerne – auch weil es ihm viel Freude bereitete Schaltkreise zu optimieren und mit möglichst wenigen Bauteilen zu realisieren.
Nach getaner Arbeit erhielt Jobs seinen Bonus, der viel höher ausfiel, als er es seinem Freund erzählte. So erhielt Woz nur einen geringen Anteil, obwohl dieser die hauptsächliche Arbeit geleistet hatte. Erst viel später bekam Wozniak Wind von der Geschichte – Wer weiß ob er danach jemals die Firma Apple zusammen mit Jobs gegründet hätte ….
Trotzdem hatte Breakout auch einen Einfluss auf Wozniak, denn bei der späteren Entwicklung des Apple I orientierte er die Ausstattung des Systems an die technischen Anforderungen dieses Spiels. Weiterhin hatte auch das Buch „101 BASIC Computer Games“ von David H. Ahl (DEC) großen Einfluss auf den Befehlsumfang der ersten Version von Apple BASIC, für die ebenfalls Steve Wozniak verantwortlich war. Wozniak wollte nämlich möglichst alle Spiele aus dem Buch auch mit dem Apple I programmieren können.
Die Technik
Aber warum waren wir Kids damals überhaupt so begeistert von der VCS Spielekonsole? Die Kiste produzierte farbige Grafiken, einen gewissen Sound und ganz viel Action auf den heimischen Fernseher. Das hat uns damals tatsächlich schon gereicht. So einfach war das!
Technisch gesehen hat Atari bei der Entwicklung der Videospielkonsole für den Heimbedarf allerdings tolle Pionierarbeit geleistet und es kamen dem Unternehmen auch einige technische Entwicklungen der Zeit zugute. Zum einen wurden die aufkommenden Mikroprozessoren damals immer günstiger, was erstmals auch erschwingliche Microcomputer für den Heimgebrauch möglich machte. Atari entschied sich hier für eine abgespeckte Variante der 8-Bit CPU 6502 von MOS (6507), die auch im Apple I/II oder Commodore PET zum Einsatz kam. Sie kostete damals im Einkauf unter $ 30 und machte somit die Atari Spielkonsole überhaupt erst möglich. Das Herzstück war jedoch der selbst entwickelte Grafik- und Soundchip TIA (Television Interface Adapter). Dieser wurde unter anderem von Jay Miner entwickelt, der später noch größere Bekanntheit durch die Entwicklungsleitung der Custom Chips für den ersten AMIGA erlangen sollte. Der TIA hatte noch keinen eigenen Speicher und musste den Seitenaufbau noch Zeile für Zeile vornehmen. Trotzdem beherrschte er schon einfarbige Sprites für Player, Ball und Missles und kümmerte sich um die Auswertung der Kollisionen. Dieser Grafikchip wurde dann weiterentwickelt als CTIA bzw GTIA auch in den 8-Bit Computern Atari 400/800(XL) eingesetzt.
Somit war es plötzlich nicht mehr notwendig Spiele als aufwändige und teure Hardwareschaltkreise zu realisieren, wie sie bislang in den Spielhallen in den Arcade Geräten zum Einsatz kamen, sondern man konnte die Spiellogik in Maschinensprache programmieren und sie als ROM Cartridge günstig produzieren. Das war eine revolutionäre Idee, denn so war es möglich mit ein und der selben Konsole viele unterschiedliche Spiele zu spielen. Atari verkaufte die Spielkonsole anfangs zusammen mit dem Spiel Combat in den USA für 189,95 US-Dollar. Aber erst mit dem Spiel Space Invaders kam der eigentliche Durchbruch, weil viele sich allein wegen dieses Spielhallenklassikers extra eine Atari Konsole kauften. Allein für die VCS wurde Space Invaders bis Ende 1983 über 6 Millionen mal verkauft. Dieses Spiel hat viele Entwickler so inspiriert, dass das heute als der Startschuss für die damit aufkommende Videospiele Industrie gilt. Dieser Boom wurde nur vorübergehend durch den berühmten Video Game Crash (oder Atari Shock) zwischen 1983 und 1985 unterbrochen, für den sinnbildlich (aber nicht ursächlich) das Spiel E.T. the Extra-Terrestrial als das schlechteste Video Game aller Zeiten steht.
Die ersten Computer
Durch die Erfolge von Apple, Tandy und Commodore angestachelt trat auch Atari ab 1979 mit den ersten eigenen Homecomputern Atari 400 und 800 gegen die Konkurrenz an. Dabei hatte man ursprünglich nur ein Nachfolgemodell für die Spielkonsole geplant, wollte der Konkurrenz aber den aufkommenden Markt für Microcomputer nicht alleine überlassen. Jedoch wollte man nicht einfach nur die Konkurrenten kopieren, sondern die eigene Philosophie verwirklichen: Die Computer sollten in ersten Linie für den privaten Haushalt erschwinglich und einfach zu bedienen sein. Außerdem sollten sie auch als Spielekonsole verwendbar sein, indem man ihnen ab Werk gleich 4 Joystick-Ports und einen bzw. zwei Cartridge Slots verpasste. Das kleinere Modell 400 war eine sehr günstige und abgespeckte Variante mit nur 4 kB RAM, einer einfachen (abwaschbaren) Folientastatur und nur jeweils einem Steckmodul- und RAM Slot. Der Atari 800 kam dann mit zwei Steckmodul-Slots, 8 kB RAM, drei Erweiterungsslots für RAM-Module und einer vernünftigen Tastatur. Was beide Modelle einte, war die MOS 6502 CPU und der modulare Aufbau. Das wohl größte Alleinstellungsmerkmal gegenüber der Konkurrenz waren aber die Spezialbausteine für Grafik ANTIC, CTIA/GTIA und Sound POKEY.
Da diese Chips urprünglich für den Nachfolger der Spielkonsole entwickelt wurden, spielten sie genau hier ihre Stärken aus: Farbgrafik, mehrere Grafikmodi, bis zu 8 einfarbige Sprites (bei Atari Player and Missiles genannt), Kollisionen und Hintergrund (Playfield) waren Funktionen, die man bei der Konkurrenz vergeblich suchte. Dazu gesellte sich erstmals ein echter 8-Bit Soundchip (POKEY) für bis zu 4 Kanäle, der im Atari noch die Zusatzfunktionen der Tastaturabfrage und die Steuerung des seriellen Anschlusses (SIO) übernahm. Damit waren Atari 400 und 800 wohl die ersten Multimedia Homecomputer.
Der Einfluss auf mich
Ich war damals noch zu jung, um mich aktiv an dieser Entwicklung zu beteiligen. Und dennoch war es ein Startschuss für mich. Ich erkannte nämlich, dass Computer Spaß machen können! Übrigens hatte ich als Kind nie selbst eine Atari Spielkonsole. Meine Eltern befürchteten, dass dadurch meine schulischen Leistungen negativ beeinflusst werden könnten. Somit blieb mir nichts anderes übrig, zum Spielen zu meinem Nachbarn zu gehen und mich daheim mit der Lektüre von Zeitschriften und Büchern zufrieden zu geben. Mein erstes BASIC Programm entstand daher in meinem Kopf.
Der nächste Schritt für mich, ein paar Jahre später, war dann endlich selbst einen Homecomputer zu besitzen, was ja bekanntermaßen ein C64 war. Denn erst der sog. Brotkasten, der drei Jahre nach dem Atari 400/800 auf den Markt kam, konnte mit deren Grafik- und Soundfähigkeiten mithalten, war aber wesentlich günstiger. Ab diesem Zeitpunkt ließen mich Computer gar nicht mehr los und somit war dann auch mein Lebensweg vorgezeichnet und ich wurde später dann Systemadministrator mit Leidenschaft.
Diese Eindrücke von damals begründen auch meine Sammelleidenschaft für alte Computer heute. Denn diese Geräte, die ich damals nicht haben konnte stehen nun zum Teil in meiner kleinen Sammlung und haben nach wie vor für mich nichts von ihrer Anziehungskraft verloren.
Darunter sind natürlich auch ein paar Atari Geräte und als absolutes Highlight ein Atari 800 – neben dem kleinen Bruder 400 meiner Meinung nach der stylischte Computer der 80er Jahre.
Aber nun erzählt doch ihr mal, was euch mit Atari verbindet? Schreibt mir gerne eure Kommentare.
Wieder ein großartiger Artikel über die Frühzeit der Firma Atari. Ich suche auch immer noch die nächste Entwicklungsstufe bei eBay für meine Sammlung: den 800 XL 😀
Danke Andreas 😉 Den 800 XL habe ich schon seit etlichen Jahren auch in der Sammlung, bin aber bis heute noch nicht dazugekommen wenigstens mal einen kleinen Bericht zu verfassen. Leider sind die Floppylaufwerke 1050 dafür wesentlich schwieriger zu vernünftigen Preisen zu bekommen als der Computer selbst. Genauso wie die alten Atari 810 Laufwerke für den Atari 400/800 kaum noch zu finden sind – zumindest, wenn man nicht aus den USA importieren will.