Piep, piep, piep … das ist das, was sich ein Tandy TRS-80 Model I normalerweise an Tönen maximal entlocken lässt! Eine Soundkarte war bei der Entwicklung des Computers 1977 einfach nicht vorgesehen. Erst später, als Computer immer mehr zu Unterhaltungsgeräten wurden, wurde auch guter Sound immer wichtiger. Und ein Computer ohne Sound ist heute gar nicht mehr denkbar!
Michael Wessel, ein deutscher Retro Computer Enthusiast und Elektronikbastler der in Kalifornien lebt, hat nun mit der MIDI/80 eine moderne Soundkarte für das Model I entwickelt und auf Github veröffentlicht. Ich durfte sie als Beta Tester bereits kurz nach der Veröffentlichung ausprobieren. Lest hier meine Erfahrungen.
„Die MIDI/80 Erweiterung ist eine leistungsstarke und vielseitige General MIDI (GM)-Soundkarte und eine vollwertige MIDI-Schnittstelle.“, so fasst Michael Wessel die Funktionen auf seiner Github-Seite zusammen.
Der GM-Sound kann damit auf unterschiedliche Weise erzeugt werden: Entweder wird ein Waveblaster kompatibles Soundmodul verwendet, was auf den dafür vorgesehen Header der MIDI/80 gesteckt wird. Es kann aber auch ein externer GM-Expander wie z.B. der Roland MT-32 an der MIDI OUT Buchse verwendet werden. Die MIDI Daten können dann flexibel an eines oder beide Geräte geschickt werden.
Über zwei Pin-Header kann eine kleine Zusatzplatine mit MIDI-IN und -OUT Buchsen angeschlossen werden. Damit wird die MIDI/80 zu einem leistungsstarken MIDI Prozessor. Über MIDI-IN kann zum Beispiel ein MIDI Keyboard angeschlossen werden und der TRS-80 zeichnet die Daten auf um sie zu speichern oder wiederzugeben. Die MIDI-Datenaufzeichnung ist dabei schnell genug, um die Echtzeitaufzeichnung ganzer mehrspuriger komplexer General Midi-Songs zu ermöglichen.
Michael Wessel entwickelt die Software für den TRS-80 aktiv weiter. Aktuell gibt es schon einen DRUM TRACKER, einen MIDI SYNTHESIZER und einige Demo-Songs. Außerdem hat er mittlerweile auch ein MIDI/80 Board für die TRS-80 Modelle III und IV entwickelt. Die Software MIDORG/CMD verwandelt den TRS-80 in ein vollwertiges polyphones multitimbrales MIDI-Keyboard. Die Software ist eine Gemeinschaftsarbeit mit George Phillips.
Das komplette Projekt mit Hard- und Software inkl. der Gerber-Daten hat Michael Wessel auf seiner Seite auf Github veröffentlicht. Somit kann sich jeder, der Lust auf eine Soundkarte für seinen TRS-80 hat, seine eigene Karte leicht selber bauen.
Orchestra/80
Bereits 1980 brachte die Firma Software Affair eine Synthesizer Erweiterung für den TRS-80 auf den Markt. Die Orchestra-80 ist eine Kombination aus Erweiterungskarte und Softwarepaket. Die Platine enthält einen Präzisions-Digital-Analog-Wandler und die zugehörige Elektronik, um das binäre Computerausgangssignal in ein High-Fidelity-Audiosignal umzuwandeln. Sie unterstützt sechs Oktavbereiche und bis zu fünf gleichzeitige Noten oder Stimmen über zwei Stereokanäle. Es gibt außerdem eine leicht erlernbare Programmiersprache, um Musik zu machen. Bis zu 5 Stimmen können damit mit bis zu 5 Instrumentenklängen gleichzeitig erzeugt werden. Die Sprache verfügt über Funktionen, um damit anspruchsvolle computergestützte Musik zu generieren. Die Software war speziell für die Orchestra entwickelt und nur dazu kompatibel. Der MIDI Standard wurde erst 1982 verabschiedet. Später gab es die Orchestra ebenfalls für Model III und IV.
Ich erhielt das Päckchen direkt aus Kalifornien mit einer komplett bestückten und verlöteten MIDI/80 Karte inkl. Adafruit MIDI-Port Breakout Board. Die Waveblaster Erweiterung hab ich mir inzwischen bei Serdashop in Belgien besorgt. Da die Karte zwischen TRS-80 Konsole und Expansion-Unit gesteckt wird, werden noch zwei Flachbandkabel mit Pfostenstecker benötigt, die ich mir selber crimpen konnte. Laut Michael’s Empfehlung sollen die Kabel möglichst kurz gehalten werden, damit es keine Störsignale von außen gibt. Der TRS-80 ist nämlich schlecht abgeschirmt und die Verbindung zwischen Konsole und Expansion-Unit leicht störanfällig. Die Kabelverbindung war dann auch nie ein Problem und die Karte funktionierte immer zuverlässig.
Das Herzstück der MIDI/80 ist ein STM/32 Microcontroller vom Typ BluePill STM32F103C8T6 mit 75 MHz ARM Cortex-M3, der für den Datenaustausch, das Timing und die Wandlung der Daten verantwortlich ist. Als Stromversorgung kommt ein einfaches 5V Netzteil zum Einsatz.
Der Expansion Bus wird vollständig durchgeschleift. Auf der Karte sind fünf LED’s zur Visualisierung der Schreib-Lese-Aktivitäten der MIDI-Daten angebracht. Weiterhin gibt es DIP-Schalter und Reset-Button. Lautsprecher können direkt per Cinch-Stecker an die vorgesehene Buchse angeschlossen werden. Die weiteren technischen Details können auf der Github Seite nachgelesen werden.
Dann kann es auch schon losgehen. Zuerst hab ich die Demo-Songs ausprobiert, die Michael auf der Github Seite als Disketten Images zum Download anbietet und die unter LDOS lauffähig sind. Hiermit kann die MIDI/80 schon mal ganz gut zeigen was sie kann. Mich hat es jedenfalls begeistert als ich den tollen Sound zum ersten Mal hörte.
Die DreamBlaster S2 Karte ist hier eine tolle Erweiterung, weil sie die MIDI Daten authentisch umsetzt. Der Sound ist sehr klar und die Beats sind kraftvoll. Der TRS-80 überträgt die Daten in Echtzeit direkt aus dem Speicher an die Soundkarte. Für MIDI IN besitzt die Karte zuätzlich noch einen Puffer. Grundsätzlich kann die MIDI/80 auch „standalone“ betrieben werden. Als Zuspieler kann dann z.B. ein Midi Keyboard dienen.
Deshalb hab ich kurzerhand mein Commodore MK-10 MIDI-Keyboard angeschlossen und damit ein wenig gespielt – funktioniert ebenfalls bestens.
Interessanter wird es aber mit einem USB-MIDI Adapter für den PC. Ich verwende dafür ein Roland UM-One Mk2. Unter Linux gibt es die leistungsfähige DAW-Software Ardour, die den USB MIDI-Adapter ohne Treiberinstallation unterstützt. Damit lassen sich MIDI Songs abspielen und per MIDI-IN an die MIDI/80 übertragen. Der TRS-80 kann die Musik Daten dann zur Speicherung entgegennehmen. Michael Wessel stellt dafür ein kleinen Tool zur Verfügung (PLAYREC/CMD), das aktuell die Daten nur im RAM zwischenspeichert und dann wieder abspielen kann. Wünschenswert wäre hier auch eine Speicherung in eine Datei. Ich bin mir aber sicher, dass es diese Funktion sehr bald geben wird.
Nach den ersten Tests kann ich sagen, dass die Erweiterung bisher absolut stabil arbeitet und richtig Spaß macht. Mit DRUMS/CMD verwandelt sich die Trashy Tastatur in ein Drumset und MIDORG/CMD macht gleich einen kompletten Synthesizer daraus. Mit der MIDI/80 bekommt man also eine moderne Alternative zur Orchestra/80 mit besserem Sound und weit mehr Funktionen. Demnächst werde ich noch die Möglichkeiten testen von BASIC aus die Erweiterung zu steuern und mit dem MIDI2BIN Converter Midi-Files zu erzeugen.