Die Story des Tandy RadioShack
TRS-80 Model 1
Im Jahr 1977 kamen in den USA drei Computer auf den Markt: Der Apple II, der Commodore PET und der Tandy TRS-80. Während Apple und Commodore auch in Europa wahrgenommen wurden, blieb Tandy weitgehend unbekannt – zu unrecht, wie dieser Artikel beweist.
Das Jahr 1977 wird ja allgemein als der „Big-Bang“ in der Geschichte der Mikrocomputer angesehen — und das sicherlich zu Recht. Bis dahin waren Computer hauptsächlich etwas für Unternehmen, Universitäten oder staatliche Einrichtungen. Ab 1977 kam für viele die Erleuchtung, dass Mikrocomputer künftig auch in viele private Haushalte einziehen könnten. Aus den klobigen Riesenkisten von einst oder aus den Selbstbau-Kits für eine Handvoll Nerds wurden nun erschwingliche, kompakte und erstmals auch leicht zu bedienende Systeme für den Schreibtisch.
Scheinbar zufällig und völlig unabhängig kamen 1977 in den USA gleich drei unterschiedliche Hersteller mit Computern auf den Markt, die diese Revolution einläuteten: Apple, Commodore und Tandy RadioShack. Das Byte Magazine veranlasste das in seiner mittlerweile legendären Rückschau 1995 zur Darstellung dieser drei als die „1977 Trinity“ (Link 1). In Sammlerkreisen sind hierzulande hauptsächlich die Erstgenannten beliebt und haben längst Kultstatus erlangt. Tandy RadioShack dagegen ist immer ein „Underdog“ geblieben. Vor allem in Deutschland sind diese Computer heute aufgrund ihrer geringen Verbreitung mittlerweile besonders vielen jüngeren Retrocomputer-Fans oft gänzlich unbekannt. Deshalb berichtet dieser Artikel mehr über den Dritten im Bunde der „Trinity“, dem Tandy RadioShack TRS-80 Model 1 und seinem Anteil an der Computerrevolution.
Das wichtigste Produkt der Firmengeschichte
Mitte der 1970er Jahre war die Tandy Corporation – ursprünglich ein Lederwarenhändler mit Sitz in Fort Worth, Texas – bereits ein erfolgreiches Unternehmen in den USA. Durch den Zusammenschluss mit RadioShack übernahm Tandy 3.000 Elektronikgeschäfte und deren Sortiment an Elektronikbauteilen und Elektronikgeräten. RadioShack, in Deutschland etwa vergleichbar mit Conrad oder Völkner, profitierte damals gerade sehr vom CB-Funk Boom sowie dem Preisverfall bei Radio-, Hi-Fi- und Fernsehgeräten. Seit dem Aufkommen von Transistoren erlebte das Geschäft mit elektronischen Geräten und Bauteilen einen Boom. Don French, seinerzeit Einkäufer bei Tandy, war sehr inspiriert vom MITS Altair (Link 2). Auf dessen Grundlage begann er einen eigenen Computer zu entwickeln und führte diesen seinem Chef John V. Roach, dem Leiter der Produktionsabteilung vor. Roach zeigte sich zwar weniger beeindruckt vom Entwurf, aber umso mehr von der Idee, dass Tandy auch einen eigenen Computer-Bausatz verkaufen könnte. Bei einem Besuch von National Semiconductors 1976 trafen die beiden dann auf Steve Leininger, Mitglied im Homebrew Computer Club (Link 3). Er begeisterte sie mit seinem Fachwissen über den SC/MP-Mikroprozessor (Link 4). Über Umwege konnten sie Steve Leininger für Tandy gewinnen, um die Idee eines eigenen Computers voranzutreiben. Leininger überzeugte die beiden jedoch, anstelle eines Bausatzes gleich einen fertigen Mikrocomputer zu entwickeln. So könne Tandy auch die Kunden erreichen, die keine Löterfahrung haben.
Leider stießen sie mit ihrem Projekt anfangs in der Tandy-Führungsriege auf Ablehnung, weil der geplante Computer weit über dem Durchschnittspreis des sonstigen RadioShack Sortiments lag. Im Dezember 1976 wurde das Projekt dann aber doch genehmigt, mit der Maßgabe, sehr auf Kostenreduzierung zu achten. Nicht zuletzt deshalb fiel die Entscheidung für die günstigere Z80 8-Bit CPU von Zilog (Link 5) aus. Die Entwickler reduzierten die Kosten weiter, indem sie keine Sound-, Farb- und Grafikfähigkeiten vorsahen. Weiterhin setzten sie auf die abgespeckte Version von Li-Chen Wangs Public-Domain-Version von Tiny BASIC. Auch auf Kleinbuchstaben beim Zeichensatz wurde verzichtet und so schafften sie es, alles in einem 4 kByte ROM unterzubringen. Zur Laufzeit standen von den insgesamt 4 kByte RAM gerade noch 2 kByte für eigene Programme zur Verfügung. Don French in einem Interview rückblickend: „We made many decisions in the design related to keeping the cost down. We left out having upper and lower case to save $1.97 per computer. [Charles] Tandy would never have accepted a product we lost money on.“ (Link 6).
BASIC
Einer Anekdote zufolge führte das Mini-BASIC während der ersten internen Präsentation des Computers bei Chef Charles Tandy zu einem peinlichen Absturz, als der in ein kleines Finanzprogramm sein Gehalt von 150.000 US-Dollar eingab. Das lag daran, dass Tiny BASIC nur mit 2-Byte-Ganzzahlen mit Vorzeichen und einem Maximalwert von 32.767 umgehen konnte. Für die Produktionsversion wurde deshalb noch hastig die Unterstützung für Fließkommazahlen nachgerüstet. Das brachte sogar einen Vorteil gegenüber dem Apple II, der mit seinem eingebauten Integer BASIC keine Fließkommazahlen unterstützte. Hierfür wurde der bestehende 16-Bit-Ganzzahlcode durch eine Version ersetzt, die 32-Bit-Gleitkommazahlen mit einfacher Genauigkeit verwendete. Leininger erweiterte die Sprache außerdem um Ein- und Ausgaberoutinen für Tastatur, Monitor und das Lesen und Schreiben von Kassetten. In einer Präsentation zur Ankündigung des TRS-80 sagte Leininger: „Was wir getan haben, war, dass wir das Wang-Basic noch einmal durchgesehen und etwa 60 Prozent davon komplett entfernt haben, den Integer-Overhead und all diese Dinge.“ (Link 7). Trotzdem war Level I BASIC, wie es für den TRS-80 schließlich hieß, äußerst eingeschränkt. Es bot nur exakt zwei String-Variablen, nämlich A$ und B$ und einen sehr eingeschränkten Befehlssatz. Tandy sah das BASIC aber als ausreichend zum Einstieg für Computerneulinge an. Tandy lieferte daher ein entsprechend ausführliches Handbuch mit, was genau auf diese Zielgruppe ausgerichtet war.
Die Hauptplatine beherbergte in der Grundausstattung neben der Z80 CPU mit 1,77 MHz, 4 kByte ROM mit Level I BASIC noch 4 kByte RAM. Es gab Anschlüsse für Monitor, Kassettenrecorder und ein externes Netzteil und einen Anschluss für Interface-Platinen, um beispielsweise einen Druckeranschluss nachzurüsten. Das sehr kompakte Board fand Platz in einem einfachen, nicht geschirmten Plastikgehäuse in silberner „Space-Age-Optik“. Im Gehäuse wurde außerdem eine Schreibmaschinen-ähnliche Tastatur ohne Nummernblock verbaut. Insgesamt kostete die Entwicklung des Rechners gerade mal 150.000 US-Dollar. Das Gehäusedesign mit der erhöhten Bauform fand sich übrigens einige Jahre später beim Commodore VIC-20 und C-64 wieder, was diesen Maschinen den liebevollen Spitznamen „Brotkasten“ einbrachte.
Verkaufsstart pünktlich zum Weihnachtsgeschäft
Da Tandy RadioShack die Absatzchancen des eigenen Computers anfangs überhaupt nicht einschätzen konnte, beschloss das Unternehmen zum Verkaufsstart lediglich 3.500 Stück auf Vorrat zu produzieren. Das genügte, um alle RadioShack Läden im Land mit einem Gerät für die Ausstellung zu versorgen. Falls das mit dem Verkauf schief gehen würde, ließen sich die Computer wenigstens noch zur eigenen Lagerverwaltung einsetzen. Ein umgebauter, tragbarer Schwarz-Weiss-Fernseher von RCA, bei dem einfach der Tuner weggelassen wurde, diente als günstiger Monitor. Ein Anschluss an einen handelsüblichen Fernseher war nämlich mangels RF-Modulator nicht vorgesehen. Übrigens hat der TRS-80 eigentlich dem Monitor seine Farbgebung zu verdanken. Des einheitlichen Designs wegen übernahm Tandy nämlich einfach die silberne Gehäusefarbe des Monitors. Als Speichermedium diente ein tragbarer, günstiger Kassettenrekorder, den RadioShack ohnehin im eigenen Sortiment hatte.
Bereits am 3. August 1977 stellte Tandy RadioShack den Computer in New York auf einer Pressekonferenz und zwei Tage später auf der Personal Computer Fair der Boston University vor. Der Verkaufspreis lag zur Einführung bei 399 US-Dollar für den Computer in der Grundausstattung mit 4 kByte RAM. Mit 12“ Monitor und Kassettenrekorder kostete das System 599 US-Dollar. Damit war er deutlich günstiger als die beiden Konkurrenten, Apple II (1.298 US-Dollar) und Commodore PET (795 US-Dollar). Die Ankündigung von Tandy, einen günstigen Computer auf den Markt zu bringen sorgte für große Aufmerksamkeit. Mit der darauf folgenden Resonanz der Kunden hatte das Unternehmen nicht im Traum gerechnet: Insgesamt 250.000 Vormerkungen mit einer Anzahlung von 100 US-Dollar gingen in den folgenden Wochen bei Tandy ein. Folgerichtig bezeichnete Tandy’s Jahresbericht von 1977 den Computer auch als „wahrscheinlich das wichtigste Produkt, das wir je in unserer Firmenfabrik gebaut haben„.
Durch die eigenen Produktionskapazitäten in Forth Worth Texas und dem eigenen Vertriebsnetz über die RadioShack Läden war es Tandy zwar möglich, die Produktions- und Absatzzahlen kurzfristig zu erhöhen. Aber damit konnten die langen Wartelisten nicht annähernd bedient werden und es führte anfangs zu langen Lieferzeiten. Trotzdem ergab sich ein Vorsprung vor der Konkurrenz durch Commodore, die ihren PET zwar bereits einige Monate vor dem TRS-80 ankündigten, dann aber starke Verzögerungen bis zur Auslieferung hatten. Der TRS-80 war übrigens bis zu seiner Einstellung 1981 der Meistverkaufte der drei Computer (Link 8).
TRASH-80
Bereits kurz nach Auslieferung der ersten Computer häuften sich die Supportanfragen: Fernseher und Radios wurden gestört, wenn der Computer in der Nähe stand. Das Zusammenspiel mit dem Kassettenlaufwerk war sehr hakelig und anfällig für Abstürze. Das Monitorbild war nicht sonderlich stabil und neigte dazu, leicht zu flackern. Die Verbindung zum Expansion Interface war ebenfalls ein Ärgernis und häufiger Grund für Abstürze. Mit Level II BASIC kam dann auch noch das berühmt gewordene „key bounce“ Problem hinzu: Bei einen Tastenanschlag wurden gleich mehrere Zeichen am Bildschirm ausgegeben, wenn die Kontakte verschmutzten (Link 9).
Solche und ähnliche Stabilitätsprobleme brachten dem TRS-80 den unrühmlichen Namen „TRASH-80“ ein und den Ruf, nicht für die professionelle Arbeit geeignet zu sein. Seine Fans nannten ihn später deshalb liebevoll „Trashy“.
Zumindest für das sehr eingeschränkte Level I BASIC plante Tandy bereits zur Markteinführung eine Verbesserung. Die junge Firma Microsoft konnte gewonnen werden, um eine erweiterte BASIC Version zu entwickeln. Dieses Level II BASIC als ROM-Erweiterung konnte der RadioShack Laden um die Ecke als kleine Zusatzplatine nachrüsten. Level II BASIC war die dringend notwendige Erweiterung, um den TRS-80 auch fit für professionellere Businessanwendungen zu machen. Erst damit wurde beispielsweise die Unterstützung für das Expansion Interface und – zusammen mit Disk BASIC – der Zugriff auf Diskettenlaufwerke möglich.
Quelle der Inspiration
Überhaupt entwickelte sich durch die große Verbreitung des TRS-80 in Nordamerika schnell ein großer Markt für Erweiterungen, der von Tandy selbst, aber auch von Drittherstellern bedient wurde. Eine der wichtigsten Erweiterungen war sicher das Expansion Interface. Weil die Tastatureinheit nur einen einzigen Platinenanschluss besaß, brauchte es unbedingt diese zusätzliche Anschlussbox. Sie bot neben einem parallelen und seriellen Anschluss auch einen Controller und Anschluss für bis zu vier 5,25“ Diskettenlaufwerke vom Typ Shugart SA-400s 35 (35 Tracks, Single-Density mit einer formatierten Kapazität von 85 kByte) und eine Speichererweiterung von 32 kByte. Somit konnte der TRS-80 auf insgesamt 48 kByte RAM und damit zu einem durchaus leistungsfähigen System ausgebaut werden. Mit der Zeit etablierten sich dafür einige Disk Operating Systeme wie TRSDOS, LDOS, oder NewDOS/80, die vom Leistungsumfang her den Vergleich zu CP/M nicht scheuen brauchten. CP/M, der Betriebssystem Standard bis Mitte der 1980er Jahre, lief auf dem Model I leider nur mit einer Hardware-Modifikation wie dem sogenannten Omikron Mapper. CP/M erwartete nämlich die RAM Startadresse bei 0000h, aber dort lag bereits das ROM des TRS. Erst mit dem Model IV gab es endlich eine uneingeschränkte CP/M Unterstützung (Link 10).
Trotzdem war eine große Auswahl an professioneller Anwendungssoftware wie VisiCalc für TRSDOS, Textverarbeitungsprogrammen wie Zorlof und an Programmiersprachen wie Fortran, Cobol oder Pascal verfügbar. Aber auch kleine Startups entwickelten durchaus sehr beliebte Software für den TRS-80. Hervorzuheben ist Lazywriter (Link 11) von David und Theresa Welsh. Die Software entstand aus der Idee, eine kostengünstige und dennoch leistungsfähige Textverarbeitung für den Home- und Small- Business Bereich zu entwerfen, die gleichzeitig komfortabler war als das z.B. sehr rudimentäre Scripsit (Link 12), das RadioShack für den TRS mitlieferte. Wer Lust hat, kann im Internet in den ab 1977 herausgegebenen RadioShack Computerkatalogen (Link 13) stöbern. Anhand derer lässt sich sehr schön die Entwicklungsgeschichte der Modellpalette und der vielen Peripheriegeräte wie Akustikkoppler, Modem, Drucker, Voice-Synthesizer und so weiter nachvollziehen.
Let the show begin
Trotz seiner eingeschränkten Grafik- und Soundfähigkeiten gab es auch viele Spiele für den „Trashy“. So versprühen die oft liebevoll programmierten Spiele mit ihrer groben Klötzchengrafik aus heutiger Sicht einen ganz eigenen Charme. Findige Spieleprogrammierer entlockten dem TRS-80 sogar Soundeffekte, die mittels Kassettenrekorder als Lautsprecherersatz ausgegeben werden konnten. Ein Kultspiel speziell für den TRS-80 ist „Dancing Demon“ von Leo Christopherson. Das Spiel zeigt einen steppenden Teufel auf einer Bühne, der nach einer Choreographie hüpft und tanzt und dabei klickende Geräusche verursacht. Die Choreographie kann dabei vom Spieler frei „programmiert“ werden. Daneben wurden aber auch viele Spielhallenklassiker portiert, darunter Frogger, Galaxy Invasion und Cosmic Fighter (Space Invaders Clones), Donkey Kong, Scarfman (PacMan Clone), Sea Dragon oder StarTrek. Aber es gab auch einige spezielle Titel, die zuerst auf dem TRS-80 verfügbar waren, wie die Textadventure-Serie von Scott Adams und Leo Christopherson’s Spiele Bee Wary oder Android Nim mit ihren manchmal sehr besonderen Spielprinzipien.
Das fast abrupte Ende
Trotz anhaltender Nachfrage stellte RadioShack die Produktion bereits zum 1. Januar 1981 ein – nur knapp dreieinhalb Jahre nach seiner Einführung. Schuld daran war nicht etwa die nachlassende Nachfrage der Kunden, sondern neue Funkentstörvorschriften der Federal Communications Commission (FCC) der Vereinigten Staaten, die an diesem Tag in Kraft traten. Seit seiner Einführung war das Modell I bekannt und berüchtigt für seine Störungen gegenüber Radio- und Fernsehgeräten. Dies hatte viel mit seinem modularen Aufbau zu tun, aber auch mit der komplett fehlenden Abschirmung der Gehäuse. Somit durfte ab 1981 das Model I nicht mehr in den USA verkauft werden. Für das Expansion Interface bekam Tandy noch einen Aufschub bis Ende 1981, wodurch sich noch 30.000 Exemplare davon verkaufen ließen (Link 14).
Das bedeutete jedoch nicht automatisch auch gleichzeitig das Aus für andere Länder. Was uns zur nächsten kleinen und nicht vollständig verifizierbaren Anekdote führt: Tandy plante die Verlagerung der Produktion des Model I bereits 1979 nach Japan zu TEC (Tokio Electric Company), um im eigenen texanischen Werk Platz für den Nachfolger, dem Model III zu machen. Ursprünglich war nämlich geplant, Model I und Model III parallel zu verkaufen. Jedoch machte die FCC dem einen Strich durch die Rechnung. Weil die Nachrüstung einer Abschirmung für das Model I nicht rentabel erschien, beschloss man die Produktion dafür schließlich ganz einzustellen. Jedoch verpasste Tandy, dies auch dem Auftragsfertiger TEC in Japan mitzuteilen, wo die Produktion inzwischen munter weiterlief. Als der Fehler auffiel, waren angeblich bereits 25.000 Geräte auf Halde produziert (Link 15). So beschloss Tandy deshalb kurzerhand, die Computer außerhalb der USA abzusetzen. Dadurch kamen gerade diese von TEC produzierten Modelle auch häufiger in Deutschland auf den Markt.
From trash to treasure
Der TRS-80 Model I Level II aus der Sammlung des Autors stammt ebenfalls von TEC aus dem Produktionsjahr 1981 und hat ein komplett überarbeitetes Board Design (Catalog No. 26-1006A). Mit bereits 16 kByte RAM und einem deutlich verbesserten Grünmonitor inklusive Entspiegelung ist er in der Basis bereits gut ausgestattet. Für viele seiner Fans ist dies die beste Version des TRS-80 Model I, die je gebaut wurde: Bessere Tastatur mit Ziffernblock ohne Keybounce-Problem und ab Werk mit Kleinbuchstabengenerator. Weiterhin wurde die Video-Synchronisation verbessert, wodurch die Bildausgabe nun stabiler ist. Einige Chips wurden durch neuere, verbesserte Varianten ersetzt oder die Position auf der Platine geändert, sodass die kleine Tochterplatine für das Level II ROM damit komplett entfällt. Fast alle Chips entstammen von Qualitätsfertigern aus Japan, so die Z80 CPU, die nun von NEC produziert wurde (D780C) und als äußerst robust angesehen wird. Leider ist die in Japan produzierte Version des TRS-80 heute nur noch sehr selten zu bekommen und damit bei Sammlern heiss begehrt.
Die Community heute
Aufgrund des Verbreitungsgrades ist die Fan-Community in den USA natürlich heute noch am stärksten vertreten. Dort findet zum Beispiel in Springfield (Ohio) die jährliche „Tandy Assembly“ (Link 16) statt, wo sich alles rund um TRS-80 Computer dreht. Erste Anlaufstelle im Internet ist Ira Goldklangs Website (Link 17), wo viele Informationen zu Hard- und Software, Emulatoren, Service-Handbüchern und so weiter zu finden sind. Populär ist auch der TRS-80 Trash Talk (Link 18), der immer wieder mal auf YouTube gestreamt wird. Dort treffen sich die Veteranen, die manchmal selbst früher für Tandy gearbeitet haben und seit vielen Jahren ihre alten Kisten pflegen. Dort diskutieren die Fans dann auch schon mal über neue Hardware-Erweiterungen. Was moderne Erweiterungen betrifft: Viel Beachtung fand im Trash Talk das Talker/80 Voice-Synthesizer-Board von Michael Wessel (Link 19), im VzEkC-Forum als MicrotronicHamburg registriert. Es setzt den Original Synthesizer von 1979 in verbesserter und erweiterter Form mit moderner Hardware um. Nicht zu vergessen auch die SepTandy Reihe auf YouTube, wo viele Bastel- und Reparaturvideos, aber auch Erweiterungen wie der moderne Festplattenersatz FreHD und Grafikerweiterungen vorgestellt wurden.
Ebenfalls erwähnens- und empfehlenswert ist der TRS8-Bit Newsletter (Link 20) im PDF-Format von Dusty M. Er hält die TRS-80 Fans über alle relevanten Neuigkeiten auf dem Laufenden. Im deutschsprachigen Raum konnte sich leider kein eigenes Tandy Forum mehr finden lassen. Das letzte Forum wurde bereits vor etlichen Jahren eingestellt. Deshalb ist der erste und beste deutschsprachige Anlaufpunkt für den Austausch rund um den Trashy unser VzEkC-Forum (Link 21). Hier tummeln sich etliche TRS-80 oder VideoGenie-Fans und Z80 Knowhow gibt es dort sowieso zuhauf.
TRS-80 zum Ausprobieren
Es finden sich mit ein bisschen Suche noch genug Informationen und Software zum Download (Link 22/23) im Internet. Wer einfach nur Programme oder Spiele ausprobieren möchte, kann dafür eine Vielzahl frei verfügbarer Emulatoren für Windows, Linux und Mac nutzen, um in die Welt des TRS-80 einzutauchen. Sie emulieren meist auch die Nachfolgemodelle aus der Z80 Serie. Persönlicher Favorit unter Linux ist der Emulator trs80gp (Link 24) des Kanadiers George Philips, da er die ROMs für viele TRS-80 Modelle und deren Ausstattungsvarianten gleich mitbringt, einen großen Funktionsumfang bietet und aktiv weiterentwickelt wird. Die Software ist ebenfalls für Windows, Mac und sogar dem RasPi erhältlich.
Verbreitung in Deutschland
Die ersten TRS-80 wurden von der Firma Trommeschläger Computer GmbH (TCS) durch Importe aus den USA in Deutschland verkauft. Doch Anfang der 80er Jahre wagte sich Tandy auch mit eigenen Computer Stores nach Europa und damit auch nach Deutschland. Die Computerläden wurden jedoch nur in einigen Großstädten eröffnet und bereits Mitte der 80er Jahre wieder geschlossen. Dies sorgte nicht gerade für große Verbreitung von Tandy Computern in Deutschland. Trotzdem fanden sich sogar in manchen universitären Computerräumen TRS-80 Model I. Trommeschläger indes vertrieb dann einige Jahre sehr erfolgreich die TRS-80 Nachbauten Video Genie I/II/III der Firma EACA aus Hongkong, die Software-kompatibel zum TRS-80 waren. Durch den Konkurs von EACA wurde leider auch Trommeschläger mit in den Strudel gezogen und musste 1985 selbst Insolvenz anmelden.
Wie es weiterging
Tandy baute in den 80er Jahren einerseits die Modellpalette der TRS-80 und CP/M kompatiblen Systeme weiter aus, indem es auch verstärkt Systeme für den professionellen Bereich entwickelte. Durch die immer größer werdende Verbreitung von günstigen Homecomputern von Commodore, Atari oder Sinclair ab Anfang der 80er Jahre wollte Tandy jedoch auch diesem Markt stärker begegnen. So entschloss sich der Hersteller, eine eigene Homecomputer-Serie aufzulegen. Was folgte, war der TRS-80 Color Computer oder auch kurz CoCo genannt. Diese Computer-Serie entstand durch eine Kooperation mit dem Chiphersteller Motorola. Die Computer hatten eine 6809E 8-Bit CPU mit eingebautem Microsoft Extended BASIC V1.1. Sie waren bereits mit 32 oder 64 kByte RAM ausgestattet und nicht Software-kompatibel zum TRS-80. Auch beim CoCo hält sich bis heute eine aktive Sammler- und Fangemeinde. Als die IBM kompatiblen Computer die CP/M Systeme immer mehr verdrängten, zwang dies auch Tandy dazu, den Wechsel zu MS-DOS- und Windows-basierten Systeme zu vollziehen. Noch Mitte der 1980er Jahre wurde das Unternehmen von Marktanalysten äußerst positiv bewertet. Tandy hatte gerade auch im Unix-Bereich mit dem Tandy Model 16 schon 40.000 Einheiten mit Xenix und Motorola 68000 Prozessor verkauft. Inzwischen war längst „RadioShack“ wegen des „Billig-Image“ aus dem Namen gestrichen. Bis 1990/1991 war Tandy noch der weltweit größte Auftragsfertiger von Personal Computern. Seine OEM-Fertigungskapazitäten stellten Hardware für Digital Equipment Corporation, GRiD, Olivetti, AST Computer, Panasonic und andere her. Durch eine falsche Modellpolitik, den Ausschluss von Drittherstellern und häufige Inkompatibilitäten verlor Tandy jedoch in der Folge immer mehr Marktanteile an Konkurrenten wie DELL. Bei den anschließenden Restrukturierungsmaßnahmen schloss Tandy ab 1991 viele seiner Computerläden weltweit und verkaufte die Computerproduktion schließlich 1993 komplett an AST Computer.
Fazit
Das Model I des TRS-80 von 1977 ist ein Stück lebendiger Mikrocomputer-Geschichte aus deren Anfangszeit und kann durchaus in einem Atemzug mit seinen damaligen beiden Konkurrenten Commodore und Apple genannt werden. Der Computer hat damit auch ganz klar einen Ehrenplatz in der Ahnengalerie der 8-Bit Mikrocomputer verdient. So war er doch seinerzeit für Viele der kostengünstigste Einstieg in die Welt der Computer. Seine eher geringe Verbreitung in Deutschland tut seiner Attraktivität heute keinen Abbruch. Im Gegenteil: Da er auf Ausstellungen heutzutage eher ein Exot ist, zieht er oft die Aufmerksamkeit auf sich. Durch seine Modularität lässt er sich zu einem nach Maßstäben der späten 1970er Jahre leistungsstarken Gesamtsystem ausbauen. Die modernen Erweiterungen helfen beim Austausch mit der heutigen PC-Welt. Durch eine nach wie vor sehr lebendige Community weltweit mangelt es deshalb sicher auch in Zukunft nicht an Unterstützung
Veröffentlichung
Mein Artikel wurde ebenfalls im Retro Computer Magazin LOAD Ausgabe 9 / 2023 des Vereins zum Erhalt klassischer Computer (VzEkC) im Juni 2023 veröffentlicht.
Er unterliegt damit der Creative Commons Licence (CC-BY-NC-SA)
Links
- https://retrocomputing.stackexchange.com /questions/12343/whats-the-first-use-of-the-term-1977-trinity
- https://en.wikipedia.org/wiki/Altair_8800
- https://en.wikipedia.org/wiki/Homebrew_ Computer_Club
- https://en.wikipedia.org/wiki/National_ Semiconductor_SC/MP
- https://de.wikipedia.org/wiki/Zilog_Z80
- https://www.trs-80.com/ wordpress/interviews/interview-with-don-french/
- https://www.trs-80.com/ wordpress/interviews/interview-with-steven-w-leininger/
- http://www.trs-80.org/was-the-trs-80-once-the-top-selling-computer/
- http://www.trs-80.org/model-1-keybounce/
- https://forum.vcfed.org/index.php? threads/trs-80-model-1-level-1-cpm.79301/
- http://www.explainamation.com/trash80/ trash80.htm
- http://www.trs-80.org/scripsit/
- https://www.radioshackcatalogs.com/
- http://www.trs-80.org/why-was-the-model-i-discontinued/
- https://www.fabsitesuk.com/tandy/ trs8bit_year10.pdf
- http://www.tandyassembly.com/
- https://www.trs-80.com/wordpress/
- https://www.trs80trashtalk.com/
- https://github.com/lambdamikel/Talker-80
- https://www.trs-80.org.uk/index.html
- https://forum.classic-computing.de
- https://www.classic-computers.org.nz/ system-80/software_archive.htm
- https://willus.com/trs80/
- http://48k.ca/trs80gp.html
Wie immer eine wunderschöne Retrospektive. Anfang der 80 er war die Möglichkeit anderes auszuprobieren doch sehr eingeschränkt. Was wäre es spannend, wenn die eine oder andere Entscheidung anders verlaufen wäre
Vielen Dank
Alexander Wenger
Hallo Herr Wenger. Freut mich, dass Ihnen mein Bericht gefallen hat. Mir hat es auch viel Spaß bereitet dafür zu recherchieren und ihn zu schreiben.
Danke für den spannenden Artikel, lieber Jürgen 🙂