Tandy Color Computer 2 – CoCo

Letztens bekam meine kleine Tandy Sammlung Nachwuchs und zwar in Form eines süßen CoCo. Genauer gesagt handelt es sich um den „Tandy TRS-80 Color Computer 2“ mit Motorola 6809E Prozessor, 16kB RAM und Microsoft Extended Basic V1.1. Er kam 1983 auf den Markt und sollte, wie schon der CoCo 1, dem Commodore VC20 und C64 die Stirn bieten.
Anders als die Modell-Bezeichnung „TRS-80“ suggeriert, besitzt der CoCo jedoch keine Z80 CPU, sondern den angesprochenen Motorola 6809E mit 8 Bit Technik. Erst später änderte man deshalb das Logo in „Tandy Color Computer 2“, um Missverständnissen zu begegnen.

Tandy brachte die Color Computer Linie parallel zu den Z80-Systemen auf den Markt, weil letztere sich mehr und mehr zu Bürosystemen entwickelten und man dem Erfolg von Commodore etwas entgegensetzen wollte. Geräte wie der VIC20 oder C64 boten Farbgrafik, guten Sound, Spieletauglichkeit und waren preislich in einem Marktsegment angesiedelt, wo Systeme wie z.B. der TRS-80 Model III nicht mehr mithalten konnten. Durch die Kooperation mit dem Chiphersteller Motorola konnte man jedoch schließlich mit einer neuen Modellreihe der Konkurrenz Paroli bieten.

Die Verbesserungen beim Color Computer 2 gegenüber dem CoCo 1 waren überschaubar, denn die technischen Daten waren identisch mit dem Vorgänger. Tandy versuchte hauptsächlich die Produktionskosten zu senken, indem immer mehr Komponenten integriert wurden und so das Board-Design vereinfacht werden konnte. Augenscheinlichster Unterschied ist das jetzt beige und kleinere Gehäuse, sowie eine verbesserte Tastatur. Weiterhin wurde das Power-Supply vereinfacht und verkleinert, indem man auf +12V verzichtete. Das führte aber leider zu Inkompatibiläten bei manchen Peripheriegeräten vom CoCo 1, die auf die 12V-Versorgungsspannung des Computers angewiesen waren, wie z.B. das erste Floppy-Laufwerk.

Äußerlichkeiten

Von links nach rechts: Reset, Cassette, Serial, 2x Joystick, TV-Anschluss (PAL-Version)
Schacht für Module wie z.B. Spiele

Die CoCo-Serie, die auf den Homecomputer Markt abzielt, hat bereits zwei Joystick-Ports und einen Modul-Steckplatz mit an Bord. Weiterhin verfügen die Geräte über einen seriellen und einen Kassetten-Anschluss (DIN).

Mein CoCo kam in der Originalverpackung und die Seriennummer des Kartons stimmt sogar mit der des Geräts überein. Außerdem war das Garantiesiegel noch intakt. Ich sage war intakt, denn ich hab den Computer natürlich gleich mal geöffnet, um auch das Innenleben zu erkunden. Der Computer selbst hat kaum Gilb und war wenig verschmutzt. Sieht also so aus, als wäre er selten in Gebrauch gewesen und hat vermutlich lange Zeit irgendwo auf einem Dachboden oder Keller schön verpackt geschlummert.

Die inneren Werte

Rechts oben senkrecht: Extended Basic ROM Chip, zweiter von rechts: CPU Motorola 6809E, daneben Motorola 6821 PIA Controller

Der Motorola 6809 („sixty-eight-oh-nine“) ist eine 8-Bit-Mikroprozessor-CPU mit einigen 16-Bit-Funktionen, die bereits 1978 erschien. Sie bot gegenüber anderen 8-Bit-Zeitgenossen wie dem MOS 6502 erhebliche Verbesserungen. U. a. gibt es einen Hardware-Multiplikationsbefehl, 16-Bit-Arithmetik, System- und Benutzer-Stack-Register, die Re-Entrant-Code ermöglichen, verbesserte Interrupts, positionsunabhängigen Code und eine orthogonale Befehlssatzarchitektur mit einer umfassenden Reihe von Adressierungsmodi.

Er gehörte damals zu den leistungsfähigsten 8-Bit-Prozessoren seiner Zeit, war aber auch sehr viel teurer. Er wurde zu einer Zeit auf den Markt gebracht, als eine neue Generation von 16-Bit-Prozessoren wie der Intel 8086 auf den Markt kam und 32-Bit-Designs am Horizont auftauchten, darunter Motorolas eigener 68000.

„Der 6809 wurde in den Heimcomputern TRS-80 Color Computer, Dragon 32/64, SuperPET und Thomson MO/TO, in der Spielkonsole Vectrex und in Spielhallenautomaten der frühen 1980er Jahre wie Star Wars, Defender, Robotron: 2084, Joust und Gyruss eingesetzt. Die Serie II der Fairlight CMI Digital Audio Workstation und Konamis Time Pilot ’84 Arcade Game verwenden jeweils zwei 6809-Prozessoren.“

https://en.wikipedia.org/wiki/Motorola_6809

Mein CoCo 2 Modell trägt übrigens die Artikel-Nr. 26-3136A (PAL-Version) und ist eine in Korea produzierte Variante, die deshalb auch den Spitznamen KoKo bekam. Der CoCo2 unterstützt mit Extended Basic bis zu 64k RAM. Deshalb werde ich demnächst mal versuchen mein Gerät aufzurüsten. Tandy war ja bekannt dafür, dass sie häufiger aus Kostengründen die Boards überarbeiteten.

So gibt es auch vom CoCo etliche Modell- und Board-Varianten. Daher ist es wichtig vor dem RAM Upgrade zu prüfen, welches Board verbaut ist. Es gibt dazu eine recht gute Seite (https://www.cocopedia.com/wiki/index.php/Color_Computer_2) mit einigen Tipps für RAM Upgrades, aber dummerweise findet sich ausgerechnet zu meiner Board Version (20261045) wieder nichts im Internet. Bei mir sind z.B. andere RAM Module verbaut (MB81416-12 mit 120ns). Neben den RAM Chips sind zwei Anschlüsse verbaut, auf denen man per Picky-Pack eine RAM-Erweiterung aufstecken kann.

Microsoft Extended Basic

Microsoft Extended Basic Startbildschirm mit Ausgabe des freien Speichers und der Lizenzinfo zu Color Basic.

Nach dem ersten Einschalten, war ich positiv von der Bildqualität per Antennenanschluss überrascht. Der RF-Modulator ist also noch gut in Schuss – kein Flimmern und nur leichte Artefakte. Das macht gleich Lust das integrierte Extended Basic näher zu erkunden. Das Startbild meldet sich mit der Lizenzinformation von Microsoft. Microsoft entwickelte sein BASIC damals für viele Computer-Hersteller, die es dann in ihrem ROM integrierten. Da Extended Basic zum Teil in den Speicher geladen wird, stehen nach dem Start von den 16kB RAM nur noch 8487 Bytes zur Verfügung. Die erweiterte BASIC Version ist auch Voraussetzung, um ein externes, optionales Diskettenlaufwerk anzusprechen. Dieses wiederum erweitert den CoCo dann um das sogenannte Disk Extended Color BASIC (DECB). Weiterhin steckt im ROM aber auch das Standard Color BASIC in der Version 1.3.

Der BASIC Befehlssatz des Color Computer 2 ist sehr umfangreich. Er stellt das was zum Beispiel Commodore’s C64 BASIC bietet weit in den Schatten. ECB beinhaltet unter anderem etliche Befehle für Grafik- und Sound-Funktionen, die man beim C64 schmerzlichst vermisst. Mit PMODE und SCRREN lassen sich unterschiedliche Grafikmodi einstellen. Weitere Grafikbefehle sind z.B. PSET, LINE, CIRCLE, PCOPY. Die Farbepalette geht von 0 bis 8 und umfasst damit die Grundfarben. Mit SOUND und PLAY lassen sich entsprechend Töne oder ganze Songs abspielen.

Das beiliegende BASIC Handbuch ist sehr umfangreich und vermittelt einen guten Überblick über das Microsoft Extended BASIC. Es enthält viele dokumentierte Beispiele und am Ende finden sich auch erweiterte Informationen z.B. zu Maschinensprache. Das Handbuch führt die Tandy Tradition fort dem Computer Neuling den Einstieg leicht verständlich zu machen. Das war ja bereits seit dem TRS-80 Model 1 von 1977 eine Philosophie des Herstellers.

1986 kam dann als Nachfolger der CoCo 3 auf den Markt, der dem Amiga und Atari ST die Stirn bieten sollte. Er basierte wiederum auf der 8-Bit CPU Architektur, diesmal des Motorola 68B09e und hatte bereits 128 KB oder 512 KB RAM und verbesserte Grafik. Zu der Zeit brachten Commodore und Atari aber bereits ihre 16/32-Bit Systeme mit Motorola 68000 auf den Markt. Diese waren dem CoCo in allen Belangen technisch überlegen, so dass immer mehr Kunden auf diese Systeme wechselten und 8-Bit Systeme somit out waren. Dazu kam noch, dass Tandy anfing verstärkt auch auf IBM PC kompatible Rechner zu setzen. Das alles waren Gründe, warum Tandy Radio Shack die Homecomputer Serie nach dem CoCo 3 nicht mehr fortsetzte.

Der Clone

Eine kleine Geschichte am Rande gibt es noch in Verbindung mit dem britischen Homecomputer Dragon32 zu berichten. Der Dragon verwendet den gleichen Prozessor wie der Coco, den Motorola 6809E und ebenfalls Microsoft Extended Basic. Wegen der großen Ähnlichkeit zu Tandy’s Computer, mussten die Briten kurzfristig vor Markteinführung Änderungen an ihrem Rechnerdesign vornehmen, um patentrechtlichen Streitereien aus dem Weg zu gehen. Sie statteten deshalb z.B. ihren Rechner bereits mit 32kB RAM aus und verpassten im eine parallele Drucker Schnittstelle, um so gleichzeitig auch der Dominanz des Sinclair ZX Spectrum mt seiner weiten Verbreitung in Großbritannien etwas entgegensetzen zu können.

Links der Dragon32, rechts der Tandy Color Computer 2

Radio Shack Katalog / OS-9

Im deutschen Tandy Radio Shack Katalog von 1985 wurde der CoCo in mehreren Ausstattungsvarianten angepriesen. Außerdem gab es einiges an Zubehör wie z.B. Joysticks und Diskettenlaufwerke und sogar ein alternatives Betriebssystem OS-9 (nicht zu verwechseln mit Mac OS9). Dabei handelt es sich um ein Echtzeitbetriebssystem für Multi-User und Multitasking der Firma Microware, was ab 1979 zuerst für die Motorola CPU 6809 entwickelt wurde, aber später auch auf andere Prozessoren portiert wurde und bis heute weiterentwickelt wird. Weitere Infos gibt es unter anderem hier: Forum Classic Computing VzEkC.

Auszug aus dem Tandy Radio Shack Katalog von 1985

Meine Tandy Familie

Hier noch ein Überblick über meine Tandy Modelle. Wer genau hinsieht, wird einen Nixdorf Laptop erkennen, der auf den ersten Blick nicht in die Aufstellung passt. Jedoch handelt es sich hierbei eigentlich um einen Tandy 1100-FD, der umetikettiert von der Firma Nixdorf vertrieben wurde.

Links oben: TRS-80 Model 4p, daneben Nixdorf 8810/10 aka Tandy 1100-FD, rechts oben: TRS-80 Model I, unten links: Tandy Color Computer 2, rechts: Tandy 102 Notebook

Mal sehen, was noch so alles dazukommt 😉

5 Gedanken zu „Tandy Color Computer 2 – CoCo“

    1. Hallo Michael, schön wieder von dir zu lesen. Irgendwie haben’s mir die Tandy Geräte angetan 😉 Und wie es der Zufall will, erst siehst du monatelang keine CoCo’s zum vernünftigen Preis und jetzt läuft mir gleich noch ein Zweiter über den Weg: Der CoCo2 mit 64k im größeren Gehäuse und mit anderer Tastatur. Das hat mich jetzt endlich dazu gebracht mir ein Cassetten-Kabel zu löten, um Programme auf den CoCo zu bringen. Mit dem Kassettengerät vom TRS-80 konnte ich schon Programme speichern und wieder laden. Jetzt will ich es noch mit WAV-Files vom PC ausprobieren.
      Gibt es bei dir auch wieder was Neues an Projekten?
      Grüße
      Jürgen

  1. Ich frage mich seit einer Weile, ob es den ersten Band von dem Handbuch (englischer Titel: „Getting started with Color BASIC“) auch auf Deutsch gab (ich erinnere mich daran, dass ich es vor 40 Jahren gesehen habe, vielleicht nur als Kopie und es hieß „Los geht’s mit Color BASIC“ (oder „Auf geht’s […]“). Ich finde es nicht in meiner Sammlung und da habe ich beide Bände auf Französisch und Niederländisch. Kann irgend jemand die Existenz bestätigen?

    1. Hallo Torsten, da helfe ich gerne weiter. Ja, das Handbuch gibt es auch auf deutsch und es lag meinem CoCo2 bei. Ich hab im Artikel eine Bildergalerie von den Buchdeckeln hinzugefügt. Auf deutsch heißt das Buch „Auf geht’s mit Color BASIC“ und hat die Catalog No. 26-9488.
      Hoffe ich konnte dir damit helfen 😉
      Grüße
      Jürgen

  2. Hallo Jürgen,
    hast Du noch interesse an einer Speicheraufrüstung? Ich habe hier gerade einen PAL 26-3136A mit 20261045 PCB der bereits aufgerüstet ist vor mir – wenn du Die beiden richtigen RAM Chips hast (bei mir z.B. TMS4464-15NL von TI) und den J6 Jumper („RAM 64K“) geschlossen hast brauchst du nicht das „Satellite board“ mit 8 chips für die weißen Connectors. Das hat Tandy nur gemacht, weil die 2-Chip-Variante wegen irgendeiner Chipkrise unfassbar teuer war. Ich habe übrigens auch diverse EU PAL Service Manuals (die findet man in der Regel nicht im Netz, im Archiv sind die NTSC Versionen). Welche Cat. No. hat dein „langer“ weißer 64K CoCo mit „melted“ keyboard?
    Beste Grüße, Torsten

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