Schreibmaschine Privileg Electronic 1200 als Drucker

Quelle Privileg electronic 1200 bzw Erika S3004 (DDR)

Zu der Zeit, als Nadeldrucker noch vorherrschend waren, also bis in die 1990er Jahre, war es schwierig einen richtigen Schönschreibdrucker für erschwingliches Geld zu bekommen. Die Laserdrucker waren für den Privathaushalt damals oft noch zu teuer und Nadeldrucker hatten eben dieses typische Druckbild, was für eine Diplomarbeit z.B. nicht akzeptabel war. Die Lage besserte sich erst ab ca. Mitte der 90er, als die Tintenstrahldrucker immer günstiger und ihr Schriftbild immer besser wurde. Sieh dir die Privileg electronic 1200 mit Drucker Interface in Aktion an am Tandy TRS-80.

So ab Ende der 80er Jahre wurden jedoch elektronische Typenrad-Schreibmaschinen immer populärer und günstiger. Ich selbst lernte noch Mitte der 80er das Maschinenschreiben mit dem 10-Finger-System anfänglich auf einer mechanischen Schreibmaschine. Ich erinnere mich noch gut an den Rhythmus der harten Anschläge von 30 Schülern in einem Klassenzimmer. Gleich im zweiten Jahr wechselten wir jedoch auf die Elektrischen. Das waren zum Beispiel die weinroten Kugelkopf-Maschinen von IBM mit einem butterweichen Anschlag. Diese Schreibmaschinen waren aber noch sehr groß und schwer. Wieder ein Jahr später hatte unsere Schule dann schon einen Schreibmaschinenraum auf elektronische Schreibmaschinen mit Speicher von Olympia umgestellt – das war 1986/87.

Durch diesen technischen „Quantensprung“ drängten immer mehr Hersteller mit neuen Modellen auf den Markt und die Maschinen wurden schnell immer kompakter und günstiger. Bald waren elektrische oder gar mechanische Schreibmaschinen kein Thema mehr.

Auch meine „Privileg electronic 1200“ gehört schon zu den kompakten und günstigen elektronischen Schreibmaschinen und wurde ab ca. 1987 über den Quelle Versandhandel in Fürth verkauft. Diese Maschinen der Quelle Eigenmarke „Privileg“ wurden im Auftrag in der ehemaligen DDR beim VEB Kombinat Robotron Optima Büromaschinenwerk Erfurt hergestellt und in der DDR unter dem Markennamen Erika S3004 verkauft. Der Clou der Maschine ist seine Erweiterungsmöglichkeit durch eine externe Interface-Box, die es ermöglicht, die Schreibmaschine auch als EPSON kompatiblen ASCII Drucker zu verwenden. Meine Erweiterungsbox hat dafür zwei Anschlüsse: Centronics für den Anschluss am Parallel-Port an einem PC und den runden seriellen IEC Anschluss für den Commodore C64/128. Außerdem hat sie 2 kB Pufferspeicher. Damit ist diese Schreibmaschine extrem flexibel und kann zusammen mit einer Textverarbeitung als Schönschrift-Drucker verwendet werden. Im damaligen Quelle Katalog wurde sie als „moderne Technik mit hohem Schreibkomfort“ angepriesen und kostete damals 498 DM ohne Interface.

Aber was soll ich viel reden – schaut euch am besten die Maschine selbst in Aktion an. Dazu habe ich ein kleines Video gedreht, wo ich mit dem Tandy TRS-80 und LazyWriter einen kleinen Beispieltext ausdrucke. Ich verwende dazu den EPSON FX Druckertreiber und die Interface-Box ist am Parallel-Port des Computers angeschlossen. Aber seht selbst 😉

Privileg electronic 1200 in Aktion mit Interface-Box am Tandy TRS-80.

Hier ein paar Impressionen der Schreibmaschine mit Interface-Box:

Am TRS-80 Model 1 lässt sich die Schreibmaschine mit der Interface-Box über die parallele Schnittstelle als EPSON kompatibles Modell verwenden.
Die „Selbstdarstellung“ druckt eine Art Selbsttest, wenn man beim Einschalten den Druckknopf (oben rechts) gedrückt hält.
Seitlich ist die IEC-Schnittstelle (seriell) für den Commodore C64/128 zu finden.
Hier zu sehen: Die „Selbstdarstellung“ auf Papier gebracht 😉
An der Schreibmaschine seitlich rechts ist die Schnittstelle nach außen geführt.

6 Gedanken zu „Schreibmaschine Privileg Electronic 1200 als Drucker“

  1. Da fehlt noch ein schönes Foto nur vom Schriftbild – damit man den Unterschied auch schön sieht !

    Schöne Anlage in dieser Form. Die Adapterbox ist interessant, die sieht nicht nach Made in Erfurt aus. Und 11 kB Speicher sind ja auch recht angenehm für sowas – und sicherlich nicht unbedingt üblich gewesen in dieser Größe (normaler Nadeldrucker hat oft weniger).

    1. Hi Thoralf, danke für den Hinweis. Werde mal sehen, ob ich sowas liefern kann. Interessant ist ja dann der direkte Vergleich mit einem 9-Nadel-Drucker. Die Adapterbox ist nicht von Privileg, aber der Hersteller ist nicht erkennbar. Es gab solche Interfaces anscheinend von unterschiedlichen Anbietern.

      1. Ja, ein Vergleich mit einem echten 9-Nadler ist wahrscheinlich wirklich sehr gut. Es ist ja bestimmt nicht so, daß man solche Bilder nicht schon irgendwo im Netz finden könnte, aber es würde das natürlich hier schön komplettieren.
        In den alten Zeitschriften (64er und Co) die Schriftproben sind oft nicht so toll und gescannt dann oft schon gleich gar nicht mehr.

        Ich hatte eine zeitlang den MPS1230 – der hatte, für einen 9-Nadler, einen wirklich richtig guten NLQ Zeichensatz und war damit immer noch schneller als etwa die 3004er Erika. Aber es ist eben doch auch da zu sehen, daß da eben gerade keine echten Anschläge sind. Und letztlich hat man damit auch sowieso eher mal ein Listing gedruckt; und das kam dann optisch in Einzel-Nadelmodus.

        Irgendwie ist das schon ein schönes System – so ein Typenrad. Und die Privileg 1200 da ist ja auf mehrere Arten ein interessantes Gerät (historisch, politisch, technisch). In OVP und so schön erhalten natürlich nochmal besonders hübsch.

        1. Ja, sehe ich auch so, dass die Privileg in diesem Zustand wirklich was besonderes ist. Da ich ja aus der Nähe von Nürnberg komme, hab ich da auch einen gewissen Bezug zu Quelle und damit zu Privileg. Und natürlich kennt man dann auch den Zusammenhang mit der ehemaligen DDR. Wenn alles gut geht, dann zeige ich die Schreibmaschine auf der diesjährigen Classic Computing in Vöhringen. Schaust du mal vorbei?

  2. Zum Schriftbild von Nadeldruckern:
    Das differierte stark nicht nur mit der Qualität der Druckerhardware sondern auch mit der des Druckertreibers (damals noch für jedes Programm getrennt nötig) sowie der Geduld der Benutzer. Je nachdem, wie oft der Druckkopf laut kreischend über eine Zeile fuhr, wurden Zeichen nicht nur kontrastreicher sondern auch detaillierter dargestellt.

    Ich hatte eine tiefe Abneigung gegen das Geräusch von Nadeldruckern, bekam aber Beispiele von absolut akzeptablem Schriftbild vorgelegt – trotzdem nicht so gut wie von Laser, Inkjet oder Typenrad. Hätte ich damals schon einen eigenen Computer gehabt, so wäre ein Daisywheelprinter wie im Artikel meine Wahl gewesen. Nur kosteten diese üblicherweise ein Vielfaches von Nadeldruckern. Und meine mechanische Erika-Schreibmaschine, obwohl von wirklich guter Qualität, konnte natürlich nicht an Computer angeschlossen werden 🙂
    So aber pilgerte ich selbst Jahre später mit meiner Diskette zu Laser-Print-Shops und bekam für wenig Geld erstklassige Ausdrucke.

    1. Ja, die Qualität der Nadeldrucker war auch durchaus akzeptabel, wenn man genug Geduld und Nerven mitbrachte. Bei den 9-Nadeldruckern hieß die Schönschrift ja noch NLQ also Near-Letter-Quality wogegen es bei den 24-Nadlern dann schon LQ war. Dabei wurde jede Zeile vier mal von vorne nach hinten und wieder zurück gesägt. Aber das war in Kombination mit dem passenden Papier und einem guten Farbband dann schon wirklich schön anzusehen. Selbst manche Fachbücher z.B von Data Becker aus der Zeit wurden von einem Master gedruckt, was aus einer eher mittelmäßigen Nadeldrucker-Qualität erzeugt wurde.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert