Ich bin jetzt nicht DER ATARI Guru, aber ich dachte schon, dass ich einigermaßen einen Überblick über die 8-Bit Modellpalette der ATARI’s habe – dachte ich bis heute!
Nach dem durchschlagenden Erfolg der Videospielkonsole VCS 2600 (jeder kennt PAC MAN), stieg ATARI Ende der 70er Jahre auch in die Entwicklung von günstigen 8-Bit Home-Computern ein. Angefangen hat alles mit den 400er und 800er Modellen und setzte sich dann über die XL Serie mit 600XL, 800XL fort, bis hin zu den XEs mit den Modellen 65XE, 130XE und 800XE. Daneben gab es natürlich weiterhin die Spielekonsolen 2600 und 7800. Diese Systeme waren mir alle geläufig. Aber ein ATARI XE Game System oder kurz XEGS? WTF ist das?
Bis mir letztens so ein Gerät bei ebay tatsächlich in die Hände viel.
Das ATARI XE Video Game System kam 1987 als letztes der XE 8-Bit Modellreihe auf den Markt und war eine Reaktion auf den großen Erfolg der japanischen Nintendo und Sega Videospielkonsolen. Obwohl das XEGS auch ein vollständiger ATARI 65XE war, wurde es in der Basisaustattung ohne Tastatur als reine Spielekonsole verkauft. Es war voll kompatibel zu allen Spielmodulen der 400/800er, XL und XE Serie. Das ATARI XE Video Game System sollte vor allem Marktanteile von Nintendo und Sega auf dem Spielesektor zurückerobern, die ATARI mit dem sogenannten Video Game Crash ein paar Jahre vorher verloren hatte. Das Design der Konsole orientierte sich daher auch eher an das von Spielekonsolen. Durch die bereits vorhandene große Spieleauswahl rechnete man sich bei ATARI einen Erfolg aus. Die Veröffentlichung fällt in die Ära von Jack Tramiel als ATARI Chef (vormals Gründer und Chef von Commodore). Zeitgleich zum XEGS waren auch noch die Spielekonsolen 2600 und 7800 von ATARI auf dem Markt, die sich damit gegenseitig Konkurrenz machten.
Neben der reinen Spielkonsole, die mit den bekannten ATARI Spielmodulen bestückt werden konnte, wurde das XEGS auch inklusive Tastatur und Lightgun verkauft. Eine Besonderheit gab es, wenn man die Konsole ohne Tastatur und ohne Spielmodul startete, denn dann wurde automatisch das fest integrierte Spiel Missle Command gestartet. Den Zugriff auf ATARI BASIC gab die Konsole jedoch nur mit angeschlossener Tastatur und ohne Steckmodul frei. Somit konnte man die Konsole auch als vollwertigen Home-Computer nutzen. Über eine SIO-Schnittstelle konnten dann auch alle Peripheriegeräte der XE Serie, wie z.B. Floppy, Datasette, Drucker oder Modem angeschlossen werden.
Der oder die ATARI XEGS ist also sowohl ein 8-Bit Home-Computer, als auch eine reine Spielkonsole. Sowas musste doch ein riesiger Erfolg in den 80ern gewesen sein? War es aber nicht! Zu der Zeit, als das XEGS veröffentlicht wurde, kamen auch schon die ersten Generationen von 16-Bit Home-Computern wie der AMIGA oder ATARI ST auf den Markt, die mit neuen bahnbrechenden Sound- und Grafikmöglichkeiten trumpften. Dagegen war man beim XEGS weiterhin auf die alten und oft schlecht gemachten Spiele aus der 8-Bit-Ära angewiesen. Daneben bewiesen auch bereits Nintendo und Sega, was man aus einer Spielekonsole herauskitzeln und was für kreative und begeisternde Spiele man entwickeln konnte. Somit kann man sagen, das das XEGS leider zu spät auf den Markt kam und die Qualität der Spiele für die Zeit Ende der 80er bereits zu schlecht war.
Aber auch andere Hersteller machten den Fehler, veraltete Hardware in neuer Form nochmals auf den Markt zu bringen: Commodore unternahm mit dem Commodore 64GS den Versuch, den C64 als Video Game Console erneut zu pushen. Leider kam auch das mit einer Markteinführung Anfang der 90er Jahre viel zu spät.
Aus heutiger Sicht ist das XEGS natürlich gerade wegen des ungewöhnlichen Konzeptes interessant, das sowohl Spielekonsole als auch Home-Computer vereint. Und nicht zuletzt ist es ein Hingucker 🙂